Man begleitet am Morgen die Kinder zur Kita, schnürt am Nachmittag die Joggingschuhe, bringt den Nachwuchs wieder ins Bett – und beantwortet danach einige Geschäfts-E-Mails: Homeoffice macht es möglich. Und die Telearbeit gewinnt an Terrain. Mittlerweile verrichten mehr als ein Drittel der Erwerbstätigen ihre Arbeit gelegentlich oder regelmässig in den eigenen vier Wänden. Zu Zeiten vor der Pandemie waren es noch ein Viertel.
Wer sich morgens und abends um die Kinder kümmert und am Nachmittag Sport treibt, könnte jedoch mit dem Arbeitsgesetz in Konflikt geraten, falls sich diese Aktivitäten nicht innerhalb von 14 Stunden unter einen Hut bringen lassen. So lange dauert die maximale Zeitspanne für die tägliche Arbeit, also zum Beispiel zwischen 7 und 21 Uhr. Eine Mehrheit der nationalrätlichen Wirtschaftskommission schlägt deshalb Gesetzesänderungen vor. Das sind Kernpunkte:
Am Montag ist die Vorlage in der Wirtschaftskommission des Nationalrats traktandiert. Die bürgerliche Mehrheit verspricht sich eine bessere Work-Life-Balance.
Der Schweizerische Gewerkschaftsbund gewinnt dem Homeoffice durchaus Vorteile ab, sofern es unter Mitwirkung des Arbeitnehmenden gestaltet werde. Die Revision des Arbeitsgesetzes lehnt er aber vehement ab, wie zum Beispiel auch die Gesellschaft für Arbeitsmedizin der Ärztevereinigung. In einem Brief an alle Mitglieder der Wirtschaftskommission warnt der Gewerkschaftsbund vor vermehrten krankheitsbedingten Absenzen, längeren Ausfällen und Burn-outs – als Folge des zunehmenden Stresses, der gerade durch Homeoffice generiert werde, mit der damit einhergehenden Vermischung von Arbeit und Freizeit.
Besonders die «Abschaffung der Sonntagsruhe», die Ausweitung der Arbeitszeit auf 17 Stunden und die kürzere Ruhezeit sind dem Gewerkschaftsbund ein Dorn im Auge. «Dies hätte negative Auswirkungen auf die Gesundheit, das Sozialleben und das Wohlbefinden der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Schweiz», sagt Luca Cirigliano, Zentralsekretär des Gewerkschaftsbundes.
Cirigliano kritisiert einen weiteren Aspekt: Der Arbeitgeber könne mit einem Telearbeitsvertrag Arbeitsauslagen und Spesen auf die Angestellten überwälzen. «Die Büchse der Pandora wäre offen», sagt er. Der Gewerkschaftsbund werde diese Gesetzesänderungen bekämpfen.
FDP-Präsident Thierry Burkart reagiert mit Kopfschütteln auf die Einwände von links. «Diese Behauptungen sind samt und sonders völlig falsch», sagt der Aargauer FDP-Ständerat, der den entsprechenden Homeoffice-Vorstoss noch vor der Coronapandemie einreichte.
Burkart betont, er halte nicht ein Plädoyer für mehr Homeoffice, sondern wolle das Gesetz der Realität anpassen – und zwar zugunsten der Arbeitnehmer:
Es sei bizarr, den Vorstoss als ausbeuterisch darzustellen. Es werde niemand gezwungen, einen Vertrag mit den Homeofficeregeln zu unterzeichnen. Zudem können die Arbeitnehmer im Homeoffice ihre Arbeitseinteilung selber festlegen und nicht dazu gezwungen werden. Burkart weist ebenso den Einwand zurück, Arbeitgeber könnten Auslagen im grossen Stil auf die Angestellten überwälzen. «Das ist nicht möglich. Es gibt dazu sogar eine Rechtsprechung des Bundesgerichts.» (aargauerzeitung.ch)